Musizieren genießen –Warum das schwierig sein kann.
Beim Musizieren kann man sich wunderbar vom Alltagsstress entkoppeln. Es ist wie eine Art Refugium, wo wir einfach spielen können. Eine Welt ohne Pflichten. ODER? Was ein Wunsch so vieler Musiker:innen ist, fällt gleichzeitig unfassbar schwer.
In diesem Artikel geht es um die Frage: Was ist eigentlich der Grund dafür, dass es uns oft so schwerfällt in die Musik abzutauchen und sie aus vollen Zügen zu genießen?
Warum ist es schwer in die Musik abzutauchen?
Abtauchen hat etwas mit einlassen und fallen lassen zu tun. Wir sind im Moment, vergessen die Zeit. Wir sind in einem Zustand leichter Entspannung. In diesem „wach-entspannten“ Zustand kannst Du Informationen am besten aufnehmen und bist am kreativsten. Die Gehirnwellen bei diesem Zustand sind im Alpha-Bereich.
Das Gegenteil davon ist Stress oder die Fight-or-Flight-Reaktion, die zum Beispiel zu einer erhöhten Aktivität des Nervensystems führt. Wir sind in Alarmbereitschaft, unter Spannung. Loslassen und genießen ist so schwierig. In diesem wachen Zustand dominieren die Beta-Wellen.
Was können wir daraus für’s Musizieren genießen schlussfolgern?
Damit es leichter fällt, das Musizieren zu genießen, dürfen wir uns entspannen.
Eine schöne Möglichkeit den leicht-entspannten Zustand ins Musizieren einzuladen ist, einen bewussten Übergang zwischen Alltag und Üben zu schaffen. So beugen wir vor, dass wir die Probleme von der Arbeit am Instrument hin und her wälzen oder den Stress vom verspäteten Zug oder Stau mit ins Übezimmer tragen.
Wie könnten wir so einen Übergang zum Musizieren genießen gestalten?
Zwei Möglichkeiten möchte ich Dir gerne vorstellen, die ganz leicht auszuprobieren sind. Es könnte sein, dass Dich deren Einfachheit überrascht. Das verleitet schnell dazu, die Wirkung zu bezweifeln. Es kann natürlich bei Dir ganz anders sein, aber mir helfen diese zwei Varianten sehr um mich auf das Musizieren einzutunen und damit die Grundlage dafür zu schaffen abzutauchen oder auch besser zu lernen.
1. Nimm Dir einen Moment der Ruhe zum Beispiel indem Du Dir ein Glas Wasser, einen Tee oder Kaffee machst und dabei einfach nur sitzt. Nutze dieses Ritual um einen klaren Strich zwischen Deinem Alltag und dem Üben zu ziehen. Hast Du Dich sammeln können, geht es ans Üben.
2. Bereite alles zum Musizieren vor, packe Dein Instrument aus, Stelle ggf. die Noten hin, hole einen Bleistift und etwas zu Trinken. Anschließend setze Dich aufrecht hin, lege Deine Händea auf den Bauch und nimm ein paar Tiefe Atemzüge, vielleicht magst Du dazu die Augen schließen.
Mit jedem Atemzug entspannst Du Dich weiter und wenn Du das Gefühl hast zur Ruhe gekommen zu sein, öffne Deine Augen und starte mit dem Üben.
Der bekannte Klarinettist Giora Feidman soll mal gesagt haben „Musik beginnt nicht mit dem ersten Ton, sondern mit der Stille davor. Und sie endet nicht mit dem letzten Ton, sondern mit dem Klang der Stille danach.“
In diesem Sinne, wünsche ich Dir viel Freude dabei die Stille in Dir zu suchen und zu finden, bevor es mit dem Musizieren losgeht und ein gutes Abtauchen in Deine Musik.
Frohes Üben!
Melina
Wer schreibt hier?
Hallo, ich bin Melina!
Ich habe Klarinette studiert und bin heute als freischaffende Musikerin in Berlin tätig.
Wie kann modernes Üben, üben im 21. Jahrhundert aussehen, in dem so viele Dinge unsere Aufmerksamkeit verlangen?
Wie können wir effektiv üben, also mit kurzen Übesessions besser werden? Wie kann uns das Musizieren als Ort der eigenen Entfaltung, der Entspannung und des Glückes dienen? Und wie bringen wir beides, Fortschritt und Genießen, in den Einklang?
Diesen Fragen gehen wir hier auf den Grund. Dafür erwarten Dich praktisch anwendbare Ideen und Anregungen für Dein eigenes Üben und Musizieren.
Auch ich stimme dir zu – Giora Feidman hat recht. Ist auch entgegen Konzert so 🙃
🤗
Liebe Melina,
ein sehr schön geschriebener Artikel, bei dem man/frau bereits während der ersten Zeilen zum Entschleunigen kommt. Ob als Hochzeitssängerin, als Saxofonistin oder Pianist – sehr lesenswert und Tipp No.1 funktioniert garantiert 🙂 Viele liebe Grüsse und lieben Dank nochmals