Musik und Emotionen [Übung inkl.]

Nicht mehr nur die Töne spielen, so erlebst Du Dein Musizieren intensiver.

Wie kann es sein, dass wir unser Lieblingslied beim Anhören intensiv erleben, während dieses Erleben beim eigenen Musizieren gar nicht so leicht ist?

Klingt das nicht nahezu paradox?

Wenn es gelingt, mit der Musik zu verschmelzen und voll darin aufzugehen, ist das einfach nur großartig, oder?

Ist es also möglich diesen Zustand gezielter hervorzurufen?

Was braucht es dafür und wie könnte das in der Praxis aussehen? Genau das schauen wir heute an.

Zuerst teile ich mit Dir, was meiner Erfahrung nach, dem intensivem Erleben des eigenen Musizierens am stärksten im Weg steht. Anschließend stelle ich Dir eine Übung meiner Anker-Technik vor, die Dich dabei unterstützen kann, leichter in die Musik einzutauchen.

Bei meinen Schüler:innen gehören die Anker-Übungen mittlerweile übrigens zu den beliebtesten Unterrichtsinhalten. Isabella sagte in einer Stunde: „Das ist jetzt nicht mehr nur so runtergespielt, nicht einfach nur die Töne abgespielt.“

Konnte ich Dich neugierig auf die Anker-Technik machen? Dann geht’s jetzt los!

Das Problem mit dem Denken und dem Zuhören

Hast Du schon einmal bemerkt, wie viele Gedanken Dir beim Musizieren im Kopf herumschwirren? Ich spreche hier nicht einmal von der Abendessenplanung ;), sondern vor allem von den Gedanken, mit denen Du nach Lösungen für ein besseres Spiel suchst. Ganz schön viel los im Kopf, oder?

Gedanken sind natürlich nicht per se schlecht. Wenn Du z.B. ein neues Stück lernst oder Deine Technik verbessern willst, hilft Dir das analytische Denken dabei.

Anders ist es, wenn Du Dein Musizieren möglichst intensiv erleben möchtest. Dafür braucht es ein wertungsfreies Zuhören, bei dem Du Dich in den Klang vertiefst und den Moment erlebst. Gedanken erschweren diese Art des Zuhörens – meine Schülerin Anja nannte es auch mal das genießerische Zuhören.

Welche Stücke eignen sich für ein intensives Musiziererlebnis?

Nachdem wir darüber gesprochen haben, das das analytische Denken dem intensiven Erleben am meisten im Weg steht, schauen wir uns nun an, mit welchen Stücken Du dieses am leichtesten erreichen kannst.

Ganz klar: Mit den Stücken, die Du gut kannst und die Du seht gerne magst. Denn beim Musikerleben geht es darum, in die Musik einzutauchen und weniger darum Dein Spiel zu verbessern. Du möchtest vermeiden oft ins Stocken zu geraten, denn dabei ist die Gefahr sehr hoch, wieder ins analytische Denken zu verfallen.

Anker-Übung

Hast Du ein passendes Stück gefunden, geht es los.

Wenn Du magst, rufe Dir das Stück in Erinnerung, indem Du es durchspielst. Vielleicht fällt Dir dabei auch die Fülle der Gedanken auf, die in Deinem Kopf herumschwirren.

Im nächsten Schritt wollen wir den Anker setzen. Dafür habe ich heute Deine Emotionen ausgewählt. Beobachte doch mal beim nächsten Durchspielen, was der Klang Deines Instrumentes in Dir bewegt und welche Emotionen er weckt.

Lisa meinte dazu:

„Toll, mal ein anderer Zugang, als immer nur die Technik anzuschauen.” Sie hat das Spüren und Erleben ihres Stückes richtig genossen.

Übrigens: Es ist gar nicht so einfach über längere Zeit am Anker dranzubleiben und ganz normal, wenn Du wieder ins analytische Denken verfällst. Dieses Problem haben alle meine Schüler:innen beschrieben.

Solltest Du bemerken, dass die Worte wieder viel Raum in Deinem Kopf bekommen, kehre einfach wieder zu Deinem Anker, den Emotionen, zurück.

Höchstwahrscheinlich hast Du noch nicht oft auf diese Weise geübt, oder? Deshalb gib Dir einfach etwas Zeit, in die neue Aufgabe hineinzuwachsen.

Lass gerne von Dir hören, wie es Dir mit dieser Anker-Technik geht. Kommentiere hier unter dem Text, oder schreibe mir eine Mail an hallo@melinapaetzold.de.

Frohes Üben!

Melina

Wer schreibt hier?

Hallo, ich bin Melina!

Ich habe Klarinette studiert und bin heute als freischaffende Musikerin in Berlin tätig.

Wie kann modernes Üben, üben im 21. Jahrhundert aussehen, in dem so viele Dinge unsere Aufmerksamkeit verlangen?

Wie können wir effektiv üben, also mit kurzen Übesessions besser werden? Wie kann uns das Musizieren als Ort der eigenen Entfaltung, der Entspannung und des Glückes dienen, als richtige Quality time? Und wie bringen wir beides, Fortschritt und Genießen, in den Einklang?

Diesen Fragen gehen wir hier auf den Grund. Dafür erwarten Dich praktisch anwendbare Ideen und Anregungen für Dein eigenes Üben und Musizieren.

Melina Paetzold Musikerin Klarinette
© Karoline Wolf